Dienstag, 27. Januar 2009

Von schwebenden Torii, heiligen Rehen und verheirateten Steinen (Tag 3)

Reisebericht Tag 3:

Es ist 5 Uhr morgens als der Wecker klingelt und im Automaten der Free Drink Bar im Mangakissaten elf verschieden Kaffeesorten auf uns warten. Die Dusche (300Yen/30min) nahmen wir auch mit, so dass einem guten Reisetag nichts mehr im Wege stand! Aufgesattelt und zurück von Shikoku auf Japans Hauptinsel Honshuu. Von Okayama aus sollte es nach Himeji und anschließend nach Kobe gehen! Ikouze!

Die Stadt Himeji zählt ungefähr 540.000 Einwohner und ist vor allem für die Burg Himeji bekannt, die, ihr habt es erraten, ebenfalls zu den Weltkulturerben der UNESCO zählt.
Die Burg trägt den Beinamen Weißer Reiher und ist ein Paradebeispiel japanischer Burgbaukunst. Wir haben uns die Zeit genommen, die Burg von Innen zu besichtigen und hatten aus dem obersten Stockwerk einen Panoramablick über die ganze Stadt.
Auch ansonsten ist die Burg ganz toll und neben dem Vorplatz befindet sich auch ein Zoo (wo wir leider nicht hereingegangen sind – es stellte sich heraus, dass eine Person aus unserer Gruppe Angst vor Zoos Zöoen zoologischen Gärten hat! Was sagt man dazu…!?).




Mit der Bahn ging es dann weiter die Küste entlang bis nach Kobe. Kobe ist eine moderne Hafenstadt, die viele internationale Einflüsse vereint. Häuser im mediterranen Stil, eine Straße gesäumt mit deutschen Bäckereien und eine bunte, futuristische Port City, die ein wenig an Shanghai erinnert.
Zunächst ging es in einen Sake-Distrikt Nada, der viele kleine Sake-Brauerein beherbergt. Nach einem lehrreichen Rundgang und einem kräftigen Schluck sind wir zurück ins Stadtzentrum gefahren. Neben Flanieren durch die belebten Gallerien stand noch das Chinatown Nankin-machi auf dem Programm. Unsere Exilchinesin erzählte uns, dass es im wirklichen China gar nicht so bunt und kitschig zuginge, wie die Chinatowns überall auf der Welt den Besuchern nahe legen. Hmm, schade eigentlich!
Weltweite Bekanntheit erlangte Kobe auch durch sein Kobe-Beef. Bevor es unter das Messer geht, werden die guten Tiere angeblich mit Bier gefüttert und massiert. Neben Sumo, Kapselhotel stand auch Kobe-Beef auf meiner Japan-To-Do-Liste. In Nankin-machi fanden wir schließlich eine Straßenhändler, der ein Stück des göttlichen Fleisches für nur 500Yen (4€) feilbot. Andernorts wurde für ein Steak 3000-8000Yen (25-65€) verlangt.

Behänd ließ der Japanchinese das gute Stück auf der Heizplatte hin- und hergleiten, salzte und gab Zwiebeln hinzu, die im Fleischsaft brutzelnd um das Steak herumtanzten. Nach weiteren heiligen Minuten betrachtete der Chef sein Werk, schnitt es in acht mundgerechte Stückchen und bettete diese unstandesgemäß mit einem Ananaskeil auf einer Pappschale. Die Empörung, dass wir uns zu zweit ein Stück zu teilen hatten, obwohl wir beide gezahlt hatten, verflog beim Anblick der rosafarbenen Fleischhäppchen der haute´sten cuisine. Dass sich der Koch keineswegs als Gourmet bezeichnen kann, wurde mir augenblicklich klar, als dieser sich anschickte, das majestätische Kobe-Beef mit einer Art Fleischsoße zu überträufeln.
„Bist du des Wahnsinns!?“, schrie ich diesen Geschmacksbanausen an und riss ihm das Schälchen aus der Hand.
Das Fleisch zerging auf der Zunge wie Butter. Mehr hat das Leben nicht zu bieten! ;) Und zum Nachtisch die Ananas. Ein fataler Fehler. Notiz an mich selbst: Gibt dir das Leben Kobe-Beef und Ananas, dann iss die verdammte Frucht zuerst!

Schmachtend gingen wir weiter in Richtung Port City, dem Hafenviertel. Wir ließen eine Reihe von Wolkenkratzern (wer hat sich das eigentlich einfallen lassen? Kratzer…) hinter uns und ließen uns dann vom Kobe Port City Tower den Weg leiten. Leider waren wir fünf Minuten zu spät, um noch auf die Aussichtsplattform zu dürfen. Ärgerlich das!
Ähnlich wie in Yokohama wird das Hafengebiet durch ein buntes Riesenrad verziert. Neben dem zenitrot leuchtenden Kobe Tower, der jeden Deutschen an ein Weizenglas erinnert, komplettieren noch das vogelnestartige Port Aquarium und das schiffsbugförmige Meriken Hotel das Szenario. Nach dem schweren Erdbeben 1993, das quasi das ganze Hafengebiet zerstört hat, begann man rasch mit dem Wiederaufbau, konservierte aber auch ein paar Quadratmeter Zerstörung. Auf dem dunklen Foto zwar nicht so gut zu erkennen, aber das Beben zeriss den Beton wie Papier und große Teile des Kais sackten über 10cm ein.
Abgesehen von diesem kleinen Freilichtmuseum ist von der Zerstörung nichts mehr zu erkennen. Ein Blick vom architektonisch verspielten Hafen auf die fluoreszierende Stadtmitte unterstreicht das junge, pulsierende Treiben der Stadt. (Rechts im Bild der Kobe Port City Tower, herausragend aus dem Port Aquarium)





Gen Abend verabschiedeten wir unsere Mitreisende in Richtung Kyoto. Zu zweit sollte nun an die Küste des Japanischen Meeres gehen, nach Tottori, wo es angeblich eine Wüste gibt!
Eine Wüste in Japan? That can´t be right…

Donnerstag, 22. Januar 2009

Von schwebenden Torii, heiligen Rehen und verheirateten Steinen (Tag 2)

Reisebericht Tag 2:



Als der Wecker klingelt ist es fünf Uhr morgens. Hastig suche ich nach dem Stopp-Button auf meinem Cellulare, um nicht noch andere Gäste aufzuwecken. Aber ehe ich zu mir komme, höre ich schon ungeduldiges Mausklicken aus der Nachbarkabine und Jemanden, der, wahrscheinlich ausgerüstet mit frischen Manga und überzuckerten Sodas, mit seinen Schlappen an meiner Butze vorbeischleicht. Irgendwie, und das sollte sich noch bestätigen, waren wir stets die einzigen, die in diesen Mangacafés die Nacht zum Schlafen genutzt haben. *Freaks!


Mit der Bahn fuhren wir dann nach Okayama, das bekannt ist für seinen Kourokuen-Garten. Am Bahnhof wurden wir zunächst von Momotaro (der Pfirsichjüngling) begrüßt, dessen Geschichte landesweit berühmt ist. So soll der kleine Momotaro, in einem Pfirsichkern ans Ufer gespült, von einem alten Ehepaar entdeckt und aufgenommen worden sein. Von einem Affen und anderem Getier begleitet bricht der junge Momotaro eines Tages auf, um einen fiesen Riesen zu besiegen, der ein Dorf heimsucht und dessen Bewohner ärgert.

Nach gedanklicher Märchenstunde ging es dann weiter zum zur Burg und zum Kourokuen-Garten.

Der Kourokuen gehört zusammen mit dem Kenrokuen in Kanazawa (hit that in December) und dem Kairokuen in Mito zu den Nihonsanmeien, den „Drei berühmten Gärten Japans“!

Im Herbst zur Laubfärbung oder im Frühjahr zur Kirschblütenzeit bestimmt eine Augenweide. So im schneelosen Winter hat der Garten jedoch ein wenig seiner Magie eingebüßt. Dennoch eine feine Sache! Wir haben uns auf die weiten Grasfelder gelegt, sind durch einen Bambushain gestreift und haben alten Japanern bei einem traditionellen Spiel zugesehen (mit einem Fächer muss man versuchen, ein Holzpegel umzuwerfen…gut, dass dann auch bald die PS1 rauskam!)



Das nächste Ziel hieß Takamatsu. Mit dem Marineliner überquerten wir gegen Mittag die Brücke, die Shikoku von der japanischen Hauptinsel Honshuu trennt. In Takamatsu gibt es nun eigentlich nicht so viel zu sehen. Aber gut, ich wollte halt auch mal gerne nach Shikoku!



Ah ja, ein Wort der Erklärung: Reisen in Japan ist wie eine Schatzsuche bzw. wie ein Sammelkartenspiel: „Besuchen Sie alle vier japanischen Haupinseln!“, „Entdecken Sie die drei berühmten Gärten Japans!“, „Laben Sie sich an der mythischen Kraft der Nihonsankei, der drei perfekten Landschaften!“, „Fangen Sie die drei legendären Vögel!“ you catch my drift ;)

Jedenfalls ein Spaß und eine Herausforderung für jeden Jäger und Sammler sowie Indiana Jones!

In Takamatsu haben wir uns dann die Burgruinen und die Einkaufsmeile angeschaut. Nach einer Riesenbowle Tempura-Soba (Buchweizennudeln mit frittiertem Fisch und Gemüse) sind wir auf die Aussichtsplattform des Symbol-Towers gefahren und haben uns den Sonnenuntergang angeschaut.

Dann ging auch wieder ins Mangakissa, wo wir uns mittlerweile puddelwohl fühlten und uns in den engen Kabinen auf fünf Stunden Schlaf in der Fötusstellung freuten...


Mittwoch, 14. Januar 2009

Von schwebenden Torii, heiligen Rehen und verheirateten Steinen (Tag 1)

Reisebericht Tag 1:
Von Tokyo ging es mal wieder mit dem allseits beliebten Nachtbus in Richtung Hiroshima, am östlichen Ende der Hauptinsel Honshuu gelegen. Die Fahrt im Naitobasu war eine Qual, sage ich euch! 12 Stunden Fahrt ohne Toilette, aber immer wieder mit Toilettenstopps, wenn man gerade eingeschlafen war!
Müde aber glücklich kamen wir jenen Montagmorgen um 8 Uhr in Hiroshima an. Die meisten Menschen assoziieren Hiroshima augenblicklich mit dem Abwurf der Atombombe am 6. August 1945 und der damit einhergehenden Zerstörung (Das Bild, aufgenommen im Museum, zeigt eindrucksvoll, wie gewaltig die Explosionskraft von "Little Boy" gewesen sein muss).

Historic Sidekick (and correct me If I´m wrong):
Die Amerikaner haben den Japanern im Potsdamer Abkommen verschwiegen, dass sie ihr Tenno-System (Kaiser als staatliches Oberhaupt) nach Kapitulation beibehalten dürften, was einer Hauptgründe darstellte, den Krieg aufzugeben (der an sich schon verloren war). Kurz vor dem Potsdamer Abkommen bekam Truman den Anruf, die Entwicklung der Atombombe sei abgeschlossen...

Warum warfen die Amerikaner nun die Atombombe? Das weiß ich auch nicht, aber
- Vielleicht weil die Konfrontation mit Russland bevorstand und durch den Abwurf der Atombombe sich Amerika nicht nur als "stärkste" Siegermacht präsentiert hat, sondern auch gleichzeitig Russland ein Warnsignal abgegeben hat ("guckt mal, was wir können") und darüber hinaus noch die alleinige Besatzung Japans übernehmen konnte?
- Vielleicht auch um die enormen Entwicklungskosten der Massenvernichtungswaffe zu rechtfertigen?
- Vielleicht wurde auch die Verweigerung der Kapitulation Japans als Vorwand genommen, nicht gleich in das Land einmarschieren zu müssen, sondern um die Bombe zu testen (schließlich wurde einmal Uran und, im Falle von Abwurf von "Fat Man" über Nagasaki, Plutonium als Spaltmaterial benutzt)?

Na ja, who knows...

Nach dem Wiederaufbau wandelte sich Hiroshima rasch in einen Industriestandort und ist heute eine bunte, lebhafte Stadt.

Im Stadtzentrum befindet sich der Peace Memorial Park mit dem weltweiten bekannten Friendensmuseum sowie vielen weiteren Monumenten und Gedenkstätten.

Auf dem linken Bild ist die Atombombenkuppel zu sehen, deren konservierte Überreste eine einschüchternde Gedenkstätte abgeben und als Symbol für den Weltfrieden dienen sollen. Das Gebäude diente damals als Industrie- und Handelskammer und befand sich beim Abwurf der Atombombe nahezu im Hypozentrum (Ground Zero). Trotz Proteste (!) von den USA und China wurde der A-Bomb Dome 1996 in
die Liste der Weltkulturerbe der UNESCO aufgenommen.

Überquert man eine Brücke gelangt man auf das Hauptgelände des Parks, wo sich das Museum befindet. Inmitten der Parkanlage steht ein Cenotaph oder Scheingrab, ein Ehrenmal für all diejenigen, die durch die Atombombe umkamen. Der Blick durch das Cenotaph führt durch die Flamme des Friedens bis hin zur Atombombenkuppel.

Nach einem Blick auf die Karpfenburg ging es mit der Tram in Richtung Miyajima. Miyajima, wörtlich Schreininsel, gilt seit jeher als heiliger Ort. Die Insel gehört zusammen mit zwei anderen Landschaften (in denen ich noch nicht war -_-) zu den drei schönsten Landschaften Japans, den Nihonsankei *bam!



Das Wahrzeichen der Insel das sogenannte schwebende Torii, das vor dem Itsukushima-Schrein steht, wovon ein Teil auf dem Bild links zu erkennen ist. Schrein und Torii sind ebenfalls Weltkulturerbe. Jede Japanerin, (fyi) die die Insel erst seit dem 20. Jahrhundert betreten dürfen, träumt wohl davon, auf dem Steg des Itsukusushima-Schreins zu heiraten. Früher war es dem Pöbel verboten, auf der heiligen Insel zu wandeln und diejenigen, die das Privileg hatten, paddelten zunächst durch das Torii, was den Eingang zum Reich der Götter oder so darstellt.


So langsam wurde es auch dunkel. Wir verabschiedeten uns von dem floating torii und den vielen netten Rehen, die da so rumlaufen wie andersowo Ungeziefer und schipperten gemütlich auf das Festland zurück. Nach einem Spaziergang durch das nächtliche Hiroshima checkten wir in unsere 1x1m große Box im Mangakissaten ein und ließen den Tag bei Softeis und Kakao an der FreeDrink-Bar ausklingen~



Doch um 5 Uhr morgens sollte schon wieder der Wecker klingeln...

Sonntag, 11. Januar 2009

Akemashite Omedetou!

"Frohes Neues Jahr"!
Sylvester ist wohl bei den meisten schon verdaut, aber da dies der erste Eintrag in diesem Jahr ist, möchte ich allen ein
erfolgreiches, gesundes Jahr 2009 wünschen!

Cheers to that!

Sylvester in Tokyo...
Wie Honigkuchenpferde haben wir uns auf diesen Abend gefreut. Zu diesem Anlass haben wir zunächst für zwei Stunden ein Izakaya (eine Art Restaurant, dass kleinen Gruppen gemütliche, meist Tatami-Matten gedeckten, Räume sowie häufig ein All-you-can-drink und Food-Course anbietet) gemietet. Neben uns Austauschstudenten aus Tokyo (Meiji University) und Saitama (Dokkyo University) kamen sogar noch zwei Bremer Exilstudentinnen aus China zum Neujahrsfest in die Metropole!

Nach Speis und Trunk ging es angeheitert zum Zojo-ji Tempel am Fuße des Tokyo Towers! Das ganze Areal war übervölkert mit neujahrshungrigen Japanern, die sich vor den Tempel drängten, um ihre Neujahrsgebete abzugeben.



Um Punkt Mitternacht stoben 3000 Luftballons in den Tokyo Nachthimmel und der Tokyo Tower verkündete das Jahr 2009. Leider gelang mir kein gutes Foto, aber es war sehr eindrucksvoll! Ein Feuerwerk hingegen blieb leider aus (-_-)°
(das rechte Foto habe ich am nächsten (oder war es am übernächsten Tag?) gemacht, als noch immer viele Japaner einen Tempelbesuch vornahmen)

Danach ging es weiter nach Roppongi, wo wir bis in die frühen Morgenstunden weitertranken und tanzten! Yea, super neues Jahr!


Kaum war der Neujahrsrausch verflogen ging es auch wieder auf Reisen. Ich bin erst seit Samstagabend wieder in Tokyo und werde mich in den nächsten Tagen an den Reisebericht machen.
Das Semester an der Meiji University ist bald vorüber, es steht neben ein paar Prüfungen und Hausaufgaben auch ein Wohungswechsel an. Und am 02. Februar beginnt auch das Praktikum.
Da in den nächsten Monaten wohl nicht mehr an Reisen zu denken ist, wurde am 04. Januar wieder das Reisegepäck genschnürt! Eckpfeiler:

- 6 Tage
- 2530km (!)
- 13 Städte
- 4 World Heritage Sites
- und noch vieles mehr (inkl. Kamele:)